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Das Interesse an jungen Ärzten an der Hausarztmedizin ist erfreulich gross!

Interview DEFACTO 4/2016, Dr. med. Andreas Bürgi, Leitender Arzt Hausarztmedizin KSB

DEFACTO: Welches Fazit ziehen Sie dreieinhalb Jahre nach der Lancierung des Hausarzt-Curriculums Aargau (KSB und KSA)?

Andreas Bürgi: Die erfolgreiche Integration der Hausarztmedizin und der Aufbau der Curricula ist – wie der Blick auf andere Kantone zeigt – im Aargau sehr gut gelungen. Entscheidend dabei ist, dass die Hausarztmentoren in der Klinik integriert sind und nicht, wie teilweise andernorts, nur organisatorische Funktionen ausüben. Der grosse Anteil an Assistenzärzten mit noch nicht definiertem Berufsziel und die zunehmende  Konkurrenz aus anderen Fachgebieten bestätigen den Wert eines Hausarztmentors am Ort der Karriere-Weichenstellung. Und das Wichtigste: Das Interesse der jungen Ärzte an der Hausarztmedizin ist erfreulich gross!

Der Rahmenvertrag des Hausarzt-Curriculums läuft Ende 2016 aus. Wie geht es weiter?

Ich gehe davon aus, dass der Kanton das Projekt ab 2017 fortsetzt. Das Budget muss allerdings noch vom Grossen Rat bewilligt werden, was bei den aktuellen Sparbemühungen keine Selbstverständlichkeit ist. Es wäre aber meiner Meinung nach keine kluge Politik, die Hausarzt-Curricula nach der nun getätigten Anfangsinvestition wieder abzuklemmen, nachdem sie gerade erst Fahrt aufgenommen haben.

Wie war die Nachfrage nach Studienplätzen im Hausarzt-Curriculum zu Beginn, wie ist sie heute? Welche weitere Entwicklung erwarten Sie?

Vor drei Jahren profitierte das Hausarzt-Curriculum spitalintern wohl auch etwas vom Reiz des Neuen. Inzwischen ist die Konkurrenz der anderen Fachrichtungen deutlicher spürbar, denn die allermeisten Fachgebiete haben Nachwuchssorgen, nicht nur die Hausarztmedizin. Die Nachfrage stagniert auf erfreulich hohem Niveau, in beiden Kantonsspitälern sind rund 16 Assistenzärzte im Curriculum. Es werden aber weitere Anstrengungen notwendig sein, den jungen Kolleginnen und Kollegen den Weg in die Praxis als attraktive Option schmackhaft zu machen. Neben einem positiven Berufsbild ist sicher auch die weitere Tarif-Entwicklung matchentscheidend.

Wie funktioniert(e) die Zusammenarbeit beim Hausarzt-Curriculum zwischen dem KSB und dem KSA? Gibt es Unterschiede oder Differenzen? Wie ist der Auftritt gegen aussen: einzeln oder gemeinsam?

Die Zusammenarbeit mit dem Hausarzt-Curriculum des KSA bzw mit Dr. Stephan Koch erlebe ich sehr positiv. Es besteht beispielsweise ein Austausch bezüglich Rotationsstellen, welche sich an den beiden Häusern im Angebot etwas unterscheiden. Dank einem regelmässigen Erfahrungsaustausch können wir die Curricula weiterentwickeln. Gegen aussen versuchen wir auch als gemeinsames, sich ergänzendes Aargauer Hausarzt-Curriculum aufzutreten.

Welche Rolle spielte und spielt Argomed beim Aufbau und Betrieb des Hausarzt-Curriculums?

Argomed gehört zu den Geburtshelfern des Aargauer Curriculums, in Zusammenarbeit mit dem Kanton, den Kantonsspitälern KSA und KSB sowie dem Aargauischen Ärzteverband. Inzwischen haben sich diverse gemeinsame Aktivitäten etabliert, so zum Beispiel ein regelmässig durchgeführter «Studenten-Höck» und Weiterbildungsveranstaltungen für die Assistenzärzte. Auch der von Argomed geförderte Aufbau von Gemeinschaftspraxen ist für die jungen Kolleginnen und Kollegen von grosser Bedeutung, denn zumindest in der ersten Phase ihrer Praxistätigkeit wollen sie vorzugsweise als angestellte Ärzte und häufig im Teilzeitpensum tätig sein.

Sie haben in Ihrem Bericht festgestellt, dass die heutigen Assistenzärzte «spürbar zur Generation Y» gehören? Was heisst das in Bezug auf die Ausbildung beim Hausarzt-Curriculum?

Die Assistenzärzte gehören heute zur Generation Y. Diese zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie sich möglichst viele Optionen offen lassen möchte und sich nicht gern festlegen will, zudem ist auch die work-life-balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiges Ansinnen. Im Alltag heisst das: Es braucht eine flexible individuelle Planung – und eine grössere Anzahl auszubildender Ärzte.

Können Sie schon etwas sagen, wie wirksam das Hausarzt-Curriculum in Bezug auf die Bekämpfung des Hausärztemangels – bzw. auf die Förderung der Hausarztmedizin– ist? Wie hat sich z.B. die Zahl der Praxisbewilligungen für Hausärzte im Kanton Aargau verändert?

Die «harten Fakten», wie zum Beispiel die Anzahl der aus den Curricula hervorgegangenen Berufsausübungsbewilligungen lassen sich aktuell noch nicht konklusiv beurteilen, da die Weiterbildungsphase in der Regel fünf bis sieben Jahre dauert und die meisten Assistenzärzte daher noch nicht «praxisreif» sind. Wichtig ist aber, dass wir auch in Zukunft unseren eigenen ärztlichen Nachwuchs pflegen, da ansonsten die Lücken mit Ärzten gefüllt werden, deren Ausbildungsqualität wir nicht beeinflussen können.

Wie beurteilen Sie grundsätzlich die heutige Situation der Hausarztmedizin in der Schweiz (vor allem nach der Volksabstimmung zur medizinischen Grundversorgung am 18.5.2014 und der Schaffung des Masterplanes)?

Politisch profitieren wir nach wie vor von einem gewissen Rückenwind, welchen wir engagierten Kolleginnen und Kollegen verdanken, die sich in den letzten Jahren enorm für die Hausarztmedizin eingesetzt haben. Wichtig ist, dass auch die jüngere Generation Grundversorger berufspolitisch aktiv bleibt, denn die Errungenschaften wie zum Beispiel das Hausarzt-Curriculum sind keine Selbstverständlichkeiten.

Welche Kontakte haben Sie in Ihrer Funktion als «Leitender Arzt Hausarztmedizin KSB» über die Kantonsgrenze hinaus? Gab oder gibt es Treffen/Meetings von Verantwortlichen mit gleichen oder ähnlichen Projekten?

Inzwischen sind in allen Kantonen Praxisassistenzprogramme angelaufen und die Mehrheit der Kantone verfügt über Hausarzt-Curricula und Mentoring-Programme. Da diese sehr unterschiedlich umgesetzt werden, haben sich regelmässige Meetings der kantonalen Hausarztmentoren sehr bewährt. Das aufgebaute Netzwerk kann auch helfen, anstehende Herausforderungen gemeinsam anzugehen.

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