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Solothurn bei Palliative-Care Modellen federführend

Dr. med. Christoph Cina, Hausarzt in Messen/SO, DEFACTO 01/2015

Palliative Care bietet eine bestmögliche Lebensqualität bis zum natürlichen Tod. Dazu gehört, dass Schmerzen und andere Leiden gelindert und dass Betroffene und Angehörige individuell begleitet werden. Es bedeutet auch, dass ein stabiles Netzwerk von Fachpersonen, Freiwilligen und Angehörigen eine nahtlose Versorgung am Lebensende gewährleisten. Patientinnen und Patienten mit schweren, unheilbaren Krankheiten am Lebensende erleben jedoch oft mehrere Übergänge von einer Institution in die andere und auch wieder zurück nach Hause. Dabei können Lücken in der Behandlungskette entstehen. Um dies zu vermeiden, hat «Palliative Solothurn» einen Betreuungsplan entwickelt.

Elektronische Aufbereitung der Krankengeschichte am Lebensende
Die Informationsmenge und Komplexität der Krankengeschichte von Menschen in ihrer letzten Lebensphase kann ohne eine strukturierte elektronische Erfassung in Zukunft nicht mehr bewältigt werden. Der Betreuungsplan des Kantons Solothurn wurde als Basisdokument für die interdisziplinäre Betreuung von Patientinnen und Patienten in Zusammenarbeit mit Hausärzten und Pflegefachfrauen entwickelt und basiert auf Konsens. Der Kanton Solothurn ist somit schweizweit der erste, der ein einheitliches Arbeitsinstrument bei PalliativeCare-Patientinnen und -Patienten einsetzt. Der Betreuungsplan wird in einem elektronischen Patientendossier abgelegt. Die Datenhoheit bleibt selbstverständlich bei den Patienten. Sie bestimmen, wer Einsicht in den Betreuungsplan nehmen darf. Entscheidungen können jederzeit widerrufen oder verändert werden. Das Online-Patientendossier ermöglicht eine elektronische Führung der Krankengeschichte, bei der unter anderem Pflegeberichte, ein Medikamentenplan und ein Kommunikationstool integriert sind. Der Betreuungsplan kann als Basisdokument unabhängig vom Online-Patientendossier ausgedruckt oder in eine Praxis- bzw. Spital-Krankengeschichte integriert werden.

Vorteile des Online-Betreuungsplans
Die Wünsche und Sorgen des Patienten werden priorisiert und entsprechend dokumentiert. Durch die Erfassung der vorhandenen und vermutlich sich einstellenden Beschwerden wird ein Betreuungs- und Behandlungskonzept in interprofessioneller Zusammenarbeit mit der Patientin, dem Patienten und allen Betroffenen erarbeitet. Der Medikamentenplan soll regelmässig überwacht und angepasst werden. Unnötige Medikamente werden abgesetzt. Fragen wie die Abgabe von Antibiotika, Reanimation, künstliche Beatmung, Transfusion usw. werden vorausschauend vom Betreuungsteam unter Einbezug der Patientin, des Patienten behandelt. Unnötige Spitalaufenthalte oder erneute Spitalaufenthalte und Doppelspurigkeiten können vermieden werden, was in gewissen Fällen dazu beitragen kann, Kosten und Ressourcen zu sparen.

Konkretes Beispiel
Herr W. ist ein 59-jähriger Patient, bei dem vor einem Jahr ein Pankreaskarzinom festgestellt, operiert und chemotherapiert wurde. Die Abklärung erneuter, progredienter Abdominalbeschwerden bestätigte den Verdacht eines Rezidivs. Wegen unerträglichen Schmerzen musste der Patient auf einer Palliativ-Station hospitalisiert werden. Eine Pflegefachfrau mit entsprechender Zusatzausbildung in Palliative Care besuchte den Patienten während der Hospitalisation und bereitete zusammen mit dem stationären Team den Austritt vor. Nach dem Aufbau eines dichten Netzwerkes konnte Herr W. seinem Wunsche entsprechend versorgt mit einem intrathekalen Schmerzkatheter mit Infusomat und einer ausgebauten Schmerztherapie nach Hause entlassen werden! In einem Rundtischgespräch zuhause wurde der Betreuungsplan ergänzt und ein Entlastungsplan der Ehefrau erarbeitet. Der Betreuungsplan mit allen Adressen des Betreuungsteams liegt in Papierform beim Patientenbett auf und ist online jederzeit einsehbar. Das Betreuungsteam benutzt das Online-Dossier gemeinsam zur Dokumentation und Kommunikation. Herr W. ist zurzeit in einem stabilen Zustand. Er bezeichnet seine Schmerzen mit 1 in der VAS. Falls die Situation daheim nicht mehr tragbar wäre, wünscht der Patient den Eintritt in ein Hospiz. Dort wurde Herr W. vorsorglich angemeldet.

Zunehmende Akzeptanz und Verbreitung
Der Betreuungsplan erfreut sich einer zunehmenden Akzeptanz und Verbreitung. Dieser wird mehrheitlich in Papierform benutzt. Die korrekte Anwendung erfordert eine sorgfältige Instruktion aller Beteiligten. Im Betreuungsplan wird nicht nur der Wille des Patienten festgehalten, sondern auch die vertretungsberechtigte Person bestimmt. Damit wird der unterschriebene Betreuungsplan zur erweiterten Patientenverfügung und unterstreicht den Patientenwillen. Die Benutzung des Online-Dossiers erweist sich als anspruchsvoll. Hier ist der Instruktionsaufwand deutlich höher. Die korrekte Anwendung ist auch für das Pflegepersonal mit einem gewissen Aufwand verbunden. Zurzeit arbeiten wir an der Entwicklung einer benutzerfreundlichen Smartphone-Version und der Verlinkung des hausärztlichen Medikamentenplanes mit dem Online-Dossier. Bei Patienten mit komplexen Krankheiten kann durch einen einheitlichen Medikamentenplan die Patientensicherheit erheblich gesteigert werden.

Fazit: Die Betreuung von schwer kranken Patienten in ihrer letzten Lebensphase erfordert eine interprofessionelle gute Zusammenarbeit mit einem gemeinsamen Betreuungsplan und einer gemeinsamen Plattform mit einem funktionierenden, datenschutzgerechten Kommunikationstool.

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